9-Euro-Ticket: Start mit Turbulenzen

9-Euro-Ticket: Start mit Turbulenzen

9-Euro-Ticket: Start mit Turbulenzen

Münster/Westfalen, 1. Juni, 16:23 Uhr. Entspannt lehnt sich die Lokführerin aus dem Fenster des RE2 nach Düsseldorf Hauptbahnhof. Gerade stürmen zahlreiche Reisende den Zug, nicht wenige von ihnen mit größerem Gepäck und Fahrrädern. Doch der Zug ist im Plan. „Dieser Andrang ist noch nichts Besonderes“, meint die Lokführerin zu rail & mobility. „Echten Andrang wird es sicherlich erst zum Wochenende geben, wenn Alle einen Urlaub einlegen wollen.“

Seit dem 1. Juni 2022 dürfen alle Inhaber eines speziellen 9-Euro-Monatstickets unbegrenzt alle Transportmittel des öffentlichen Stadt- und Nahverkehrs nutzen, also auch Regionalzüge. Turbulent ging es deshalb am ersten Geltungstag des neuen Tickets auf dem Hauptbahnhof in Dortmund zu. Das berichtete gegenüber rail & mobility der Berliner Verkehrsexperte Dr. Jürgen Murach.

Dr. Murach kam eine Stunde später als geplant zur Eisenbahnmesse iaf in Münster/Westfalen: „Die Bahnsteige waren voll von Reisehungrigen mit dem 9-Euro-Ticket. Die Regionalzüge waren total überlaufen, fuhren verspätet, einige Züge mussten dann ganz gestrichen werden, damit der Fahrplan der Region nicht völlig aus den Fugen gerät. Schließlich stürmten etwa hundert Reisewillige, deren Regiozug ausfiel, einen ICE und nahmen sogar die erste Klasse in Beschlag.“ Das Zugpersonal ließ sie gewähren – bei einer so großen Gruppe von Reisewütigen hätte sonst höchstens eine unerwünschte Eskalation der Spannung gedroht.

Andrang auf einen Zug in Münster/Westfalen (oben), normale Reisendenfrequenz in Hamm. Bilder (2) Hermann Schmidtendorf

Insgesamt, so berichten übereinstimmend Bahnen und Medien, verlief der Bahnverkehr in Deutschland ohne größere Probleme, obwohl bereits sieben Millionen 9-Euro-Tickets verkauft wurden. Diese Zahl nannte der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen VDV. Und ein User namens Grumpy64 riet in der Online-Ausgabe der ZEIT, eventuelle Anstürme auf Züge in Verhältnis zu Belastungen des Straßenverkehrs zu setzen: „Bin mal gespannt, von wie vielen Autobahnen um Pfingsten herum Staus und zäher Verkehr gemeldet wird, obwohl ja alle davon reden, dass man sich Benzin nicht mehr leisten kann… Von Geschwindigkeitsbegrenzungen ganz zu schweigen.“

Die Bundesregierung ist jedenfalls zufrieden. Das 9-Euro-Ticket sei “längst in den Herzen der Bürgerinnen und Bürger angekommen”, meinte Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Die Rückmeldungen seien “so positiv, dass ich mich wirklich freue, dass der ÖPNV so im Rampenlicht steht”. Und Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte: “Die Maßnahmen wirken, sie kommen direkt an bei den Bürgerinnen und Bürgern.”

Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur

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