Zum Start liefert Stadler 286 Fahrzeuge mit einem Auftragsvolumen von rund 2 Milliarden Schweizer Franken. Es handelt sich um die grösste Ausschreibung in der Schweizer Bahngeschichte. Die europaweite Ausschreibung war hart umkämpft. Der unterlegene Mitbieter Alstom legte Beschwerde ein – bei einem so grossen Vertragsvolumen ist das eine durchaus verständliche und nicht unübliche Reaktion.
Doch das angerufene Bundesverwaltungs-gericht bestätigte: Bei der Ausschreibung wurden die beschaffungs-rechtlichen Vorgaben sowie die Gleich-behandlung der Bieter eingehalten. So kann der bereits im Oktober 2021 erfolgte Zuschlag an Stadler jetzt realisiert werden.
Beschaffungsrechtliche Bestimmungen der SBB
Alle Anbieter müssen zum Prozessbeginn über die Zuschlagskriterien informiert werden. Wesentlich waren Wirtschaftlichkeit, Qualität, Erfüllungsgrad der Lastenhefte und kommerziell-technische Einzelaspekte. Der Begriff Wirtschaftlichkeit bezieht sich nicht nur auf den singulären Kaufpreis der Fahrzeuge. Wesentlich sind vor allem auch die Betriebskosten. Dabei werden Kosten für Instandhaltung, Reinigung, Energie und Trassen sowie die Preise für ausgewählte Ersatzteile in die Bewertung einbezogen. Für das Angebot von Stadler sprachen, wie es heisst, vor allem niedrigere Betriebskosten als bei den Mitbewerbern. Positiv fielen offenbar auch projektkritische Meilensteine wie Sicherheitsnachweise, Zulassung oder Netzzugang ins Gewicht, diese seien „detailliert und nachvollziehbar dargestellt“ worden. |
Die neuen Züge sollen sukzessive altes Rollmaterial im Regionalverkehr ersetzen. Für die SBB stellt Stadler 155 vierteilige FLIRT her, für RegionAlps 24 vierteilige FLIRT und für Thurbo 19 vier- und 88 dreiteilige FLIRT. Die ersten Züge werden voraussichtlich im Laufe des Jahres 2026 den Betrieb aufnehmen. Die Auslieferung des letzten Fahrzeugs aus dem Erstabruf ist für 2034 vorgesehen. Ersetzt werden sollen bei SBB Triebzüge der Typen Domino und Flirt (erste Generation) sowie lokbespannte Pendelzüge.
Bei Thurbo sind GTW-Gelenk-triebwagen und bei RegionAlps Triebzüge der Typen Domino und Nina zu ersetzen. Die jetzt erfolgte Erstbestellung umfasst bei SBB 155, bei Thurbo 107 und bei RegionAlps 24 Züge. Durch die Neubeschaf-fungen wollen alle drei Bahngesell-schaften Angebotsverbes-serungen und vom Bund und Kantonen geplante Angebotserweiterungen realisieren.
Stadler-Patron Spuhler ist stolz
« Wir sind unglaublich stolz, die neuen Züge für den Ausbau des Schweizer Regionalverkehrs bauen zu dürfen », erklärte zu dem Vertrag Peter Spuhler, Verwaltungsratspräsident und Group CEO a.i. von Stadler. « 2002 hat die SBB den damals neu entwickelten FLIRT als erster Bahnbetreiber bestellt. Es ist uns eine grosse Ehre, dass nach einer 20-jährigen Erfolgsgeschichte nun auch der 2500. verkaufte FLIRT auf Schweizer Schienen verkehren wird. Wir danken der SBB, Thurbo und RegionAlps für das uns entgegengebrachte Vertrauen und freuen uns, unsere langfristige Zusammenarbeit noch weiter zu vertiefen. »
Höherer Komfort
Die dreiteiligen Fahrzeuge des Typs FLIRT sind 57.8 Meter lang und bieten insgesamt 256 Fahrgästen Platz, davon 134 auf Sitzplätzen. Die Länge der vierteiligen Züge beträgt 73.5 Meter. Es finden bis zu 370 Fahrgäste Platz, 146 davon auf einem Sitzplatz. Die Fahrzeuge bieten einen stufenfreien Einstieg und einen stufenfreien Durchgang von der vordersten bis zur hintersten Tür. Die neuen FLIRT sollen für die Schweiz, Deutschland und Österreich zugelassen werden.
Die neuen FLIRT bieten den Fahrgästen zahlreiche Verbesserungen. So verfügen die Züge gegenüber den heute eingesetzten Fahrzeugen über mehr Stauraum für Velos, Kinderwagen und grosse Gepäckstücke. Auch Wintersportausrüstungen wie Skier finden neu in den Multifunktionszonen Platz. Die Züge bieten zudem guten Mobilfunk- und Datenempfang für unterwegs und Steckdosen in allen Abteilen. Sie berücksichtigen die Vorgaben für Reisende mit Mobilitätseinschränkung und verfügen pro Zug über zwei Plätze für Rollstuhlfahrende und ein rollstuhlgängiges WC. Rollstuhlplätze auch in der 1. Klasse verfügbar. Auch leisten die neuen Triebzüge durch eine stärkere Motorisierung einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Pünktlichkeit.
Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur/st