Was bringt der neue Winterfahrplan 2023/24 für den deutsch-polnischen Zugverkehr?

Was bringt der neue Winterfahrplan 2023/24 für den deutsch-polnischen Zugverkehr?

Was bringt der neue Winterfahrplan 2023/24 für den deutsch-polnischen Zugverkehr?

Weiterhin fahren wird der Kulturzug zwischen Berlin und Wrocław.
Eine Reihe von Veränderungen bringt der diesjährige Fahrplanwechsel am 10. Dezember 2023. Darüber informiert die Initiative Deutsch-Polnischer Schienenpersonenverkehr. Die Details stellt uns Ingo Koschenz vor, Fachreferent Osteuropaverkehre beim Fahrgastverband PRO BAHN Bundesverband.

Im Einzelnen ergibt sich dieser Stand:

IM FERNVERKEHR:

– Der bisherige Nachtzug Przemyśl-Kraków-Wrocław-Berlin wird durch einen frühen
beziehungsweise späten Eurocity Kraków-Wrocław-Berlin ersetzt. Der Tageszug „EC Wawel“
Przemyśl-Kraków-Wrocław-Berlin verkehrt unverändert. Zwischen Kraków bzw. Wrocław und
Berlin werden damit auch weiterhin zwei Direktverbindungen angeboten.
– Für Nachtreisende gibt es dafür eine neue Direktverbindung Warszawa-Kraków-Oswiecim-Wien-München. Bayern erhält erstmals seit     Jahren wieder eine Direktverbindung mit Polen.
– Der „Berlin-Warszawa-Express“ verkehrt weiterhin sechs Mal täglich im Zweistundentakt. Es
fehlt hier aber eine Spätverbindung. Letzte Abfahrt ist um 17.52 Uhr in Berlin beziehungsweise
schon um 16:45 Uhr in Warschau.
– Der EC Berlin-Gdánsk verkehrt unverändert.

Weiterhin fährt einmal am Tag ein Eurocity Berlin-Gdańsk und zurück. Ansonsten kann man von Berlin nach Poznań fahren und dort in den polnischen IC Wrocław-Gdynia umsteigen. Fotos Hermann Schmidtendorf (4)

IM REGIONALVERKEHR:

– Formal dem Regionalverkehr zugeordnet ist der Wochenend-„Kulturzug“ Berlin-Cottbus-Wrocław. Er wird weiter angeboten.

Innerhalb der Berliner Verkehrsverwaltung gab es Bestrebungen, dieses einzigartige länderfinanzierte
Angebot einstellen. Sie konnte sich nicht durchsetzen. Aus Sicht unserer Initiative muss der
„Kulturzug“ so lange bleiben, bis echter Fernverkehr Berlin-Cottbus-Wrocław etabliert ist.
Hierzu müsste die deutsche Politik statt Abgabe permanenter Lippenbekenntnisse endlich den
Polen schon 2003 in einem Staatsvertrag fest zugesagten Ausbau und die Elektrifizierung der
Bahnstrecke Berlin-Cottbus-Görlitz umsetzen.

Im Regionalverkehr ist auf vielen Strecken derzeit leider Bus statt Zug angesagt:

Einzige signifikante Verbesserung ist die Erhöhung der Zugpaare montags bis freitags von Żagań
  und Żary nach Forst von vier auf fünf auf der Regionalbahnlinie (RB) 93. Alle diese Züge werden
  nach Cottbus durchgebunden. Das Umsteigen in Forst entfällt. An Wochenenden bleibt es bei den zwei Direktzügen Wrocław- Żary-Forst mit Umsteigemöglichkeit nach Cottbus.
Auf der RB 92 Guben-Zielona Góra sind wochentags sechs Zugpaare unterwegs, am
  Wochenende fünf, zwei davon werden nach Cottbus durchgebunden. Diese Züge halten neu in
Cottbus-Sandow. Dort bestehen Umsteigemöglichkeiten zur Cottbuser Parkeisenbahn. Das
ermöglicht Besucher aus Zielona Góra einen bequemen Besuch des Branitzer Parks, des
Cottbuser Tierparkes und des Spreeauenparks.
Die „Usedomer Bäderbahn (UBB)“ Züssow-Seebad Heringsdorf- Świnoujście Centrum (RB 23) leidet an einem Mangel an Stellwerkspersonal. Spät- und Nachtverbindungen werden im
Schienenersatzverkehr mit dem Bus gefahren. Indessen verkehrt dieser nur bis Ahlbeck Grenze,
der polnische Abschnitt liegt dann komplett brach. Viele auf deutscher Seite beschäftigte polnische Arbeitnehmer können dadurch ihren    Betrieb nicht mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen.

Kein Stellwerkspersonal, kein später Zugverkehr: Die “Usedomer Bäderbahn” mit der Endstation Swinoujście (Swinemünde) Centrum.

Die RB 66 Berlin-Angermünde-Szczecin ist noch bis 2026 von den Ausbauarbeiten
beeinträchtigt. Die Fahrgäste müssen sich weiterhin mit dem unbequemen „Schienenersatzverkehr“ zufriedengeben. Die Möglichkeit, Direktzüge Berlin-Szczecin über Pasewalk zu führen, wird auch in der kommenden Fahrplanperiode nicht genutzt. Zudem verpassen die RB nach Szczecin in Pasewalk den Anschluss aus Berlin um eine Minute.
– Auf der „Ostbahn“ Berlin-Kostrzyn (RB 26) ist DB Netz mit dem Bau der neuen Oderbrücke
immer noch nicht fertig. Die für zwei Jahre angekündigte Streckensperrung geht damit schon
in das vierte Jahr; Reisenden bleibt auch hier nur der lästige „Schienenersatzverkehr“ in einem
überfüllten Kleinbus. Neuer Übergabetermin der Brücke soll „im Frühjahr 2024“ sein. Auf polnischer Seite konnten die Sanierungsarbeiten an der Warthebrücke hingegen zeitplangemäß abgeschlossen werden.

Immer noch nicht fertig: die neue Oderbrücke zwischen Küstrin und Kostrzyn. Hier ein Foto vom September 2023.

– Zwischen Görlitz und Krzewina Zgorzelecka (Bahnstrecke Görlitz-Zittau, BR 65) waren – wieder einmal – Kabeldiebe unterwegs. Daher ist zwischen Hagenwerder und Zittau aktuell ebenso „Schienenersatzverkehr“ angesagt. Reisende kennen diese Situation bereits von diversen Bauarbeiten und früheren Kabeldiebstählen. Es bleibt zu hoffen, dass die Instandsetzung der geschädigten Signalanlagen nicht wieder mehrere Monate in Anspruch nimmt. Indessen
arbeiten die polnische und tschechische Seite an der Reaktivierung der Verbindungen Görlitz-Zgorzelec-Bogatynia und Görlitz-Zawidów-Liberec. Künftig ergeben sich daher Alternativen, um von Berlin ins Riesengebirge und nach Liberec zu gelangen.

Die Initiative deutsch-polnischer Schienenpersonenverkehr (KolejDEPL) begrüßt ungeachtet des
Schienenersatzverkehr (SEV) auf der Mehrzahl der Linien die Verbesserungen zum Fahrplanwechsel.

Ingo Koschenz, Sprecher der Initiative und Referent für Osteuropaverkehre des deutschen
Fahrgastverbandes PRO BAHN mahnt aber: „Wer die Zahl der Reisenden im Bahnverkehr bis 2030
verdoppeln möchte, müsste beim Ausbau und der Fahrplanverdichtung endlich vom Bummelzugtempo
auf ICE-Geschwindigkeit umschalten. Ein oder zwei Züge mehr pro Fahrplanwechsel reichen dazu nicht
aus. Hinzu kommt, dass nicht einmal die Fahrpläne zuverlässig gefahren werden, die nicht von
Bauarbeiten betroffen sind.

Ich selbst musste im letzten Jahr bei allen meinen grenzüberschreitenden Fahrten erleben, dass die Züge kurzfristig ausfielen. Gerade auf deutscher Seite funktionierte die Information über Alternativen nicht. Während in Polen ein Bahnmitarbeiter jeden Reisenden
höchstpersönlich zum bereitgestellten Ersatzbus geleitete, erfolgte in Deutschland nicht einmal eine
Information darüber, ob ein Ersatzbus fährt – geschweige denn wann und wo“. Derartige Ausfälle sind
unbedingt zu vermeiden. Die Betreiber sollten angehalten werden, eine ausreichende Betriebsreserve
an Fahrzeugen und Personal vorzuhalten. „Es kann nicht sein, dass die Züge deswegen durch Busse
ersetzt werden, weil ein weiterer Stellwerker erkrankt, der einzige Triebwagen mit Auslandszulassung
defekt ist oder zur Inspektion muss“, fügt Koschenz hinzu. „Das ist allein deswegen unverständlich, weil
wegen der vielen baubedingten Streckensperrungen anderswo genügend Fahrzeuge mit
Auslandszulassung verfügbar sein müssten.“

Ferner fordert unsere Initiative, das Deutschlandticket konsequent polentauglich zu machen. Es wird
im Grenzverkehr im ZVON zwischen Görlitz und Zgorzelec beziehungsweise Krzewina Zgorzelecka, im Stadtverkehr Frankfurt (Oder) und auf der UBB anerkannt. Im Bereich des Verkehrsverbundes BerlinBrandenburg (VBB) und zwischen Pasewalk und Szczecin müssen Deutschlandticketinhaber nach wie vor einen Grenzübergangsfahrschein erwerben. Erst in Polen gilt dann ein Anschlussfahrschein zum Binnentarif.

Anja Schmotz, Sprecherin der Initiative und Vizevorsitzende des Fahrgastverbandes PRO
BAHN, gibt zu bedenken: „Zwischen Frankfurt (Oder) und Słubice wird es im Bus anerkannt. Wer die
gleiche Strecke im Zug zurücklegt, muss ein Übergangsfahrschein kaufen. Wer soll das verstehen? Das
Deutschlandticket wurde eingeführt, damit Fahrgäste in den Zug oder Bus einsteigen können, ohne
zuvor einen Masterabschluss in Tarifkunde machen zu müssen.“

Ingo Koschenz, Fachreferent Osteuropaverkehre beim Fahrgastverband PRO BAHN

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