„Zu komplex, zu wenig Zeit“: Gründe für mangelnde Inanspruchnahme
Die zögerliche Ausschöpfung der Fördermittel ist erfahrungsgemäß auf unterschiedliche Gründe zurückzuführen.
- Geringe Transparenz und unzureichendes Know-how: Speziell kleineren Unternehmen ohne dezidierte Stelle für die Fördermittelakquise fällt es schwer, den Überblick über alle potenziellen Programme zu behalten. Auch wenn Fördermittelgeber und Verbände hier Abhilfe schaffen wollen, stellen wir immer wieder fest, dass lückenhaftes Wissen über Fördermöglichkeiten entsprechende Chancen verringert.
- Fehlende Passgenauigkeit und eingeschränkte Planbarkeit: In Förderprogrammen sind Fördergegenstand, Zuwendungsempfänger und häufig weitere Bedingungen als Voraussetzung für die Förderfähigkeit genau definiert. Aufgrund solch detaillierter Regelungen ist die Förderfähigkeit einer spezifischen Maßnahme nicht garantiert. Zudem werden Fördergelder häufig im Wettbewerb vergeben – vollständig planbar sind diese daher nicht.
- Anspruchsvolle Nachweisführung: Gerade die Nachweisführung für die „(besonderen) Zuwendungsvoraussetzungen“ in Förderrichtlinien stellt potenzielle Fördermittelempfänger vor große Herausforderungen. Nach unserer Erfahrung betrifft dies häufig die Verfügbarkeit von Quelldaten, die nicht im geforderten Detailgrad oder der benötigten Qualität vorliegen. In der Folge sind umfangreiche Aufbereitungsarbeiten zu leisten, vor denen einige Unternehmen zurückschrecken.
- Herausfordernde formale Förderbedingungen: Eine Vielzahl an Förderanträgen scheitert an der Nichteinhaltung der formalen Förderbedingungen – insbesondere der vergaberechtlichen Anforderungen. Diese werden in den Allgemeinen Nebenbestimmungen zur Projektförderung (ANBest-P) beschrieben und über die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) bzw. die Sektorenvergabeordnung (SektVO) konkretisiert. Bei der Bezuschussung aus öffentlichen Geldern legt der Gesetzgeber hierauf verständlicherweise höchsten Wert.
- Eingeschränkte Ressourcenverfügbarkeit: Die eigentliche Förderantragstellung beansprucht mit der Anfertigung von Projektskizzen und Sachberichten, der quantitativen Nachweisführung sowie der Einholung und Befüllung von Formularen beachtliche Ressourcen – meist in einem limitierten Zeitfenster. Dies stellt viele Unternehmen vor eine Herausforderung, die im laufenden Betrieb kapazitäts- sowie erfahrungsbedingt nur schwer gemeistert werden kann.
Mit systematischem Fördermittelmanagement zum Erfolg
Trotz der bestehenden Herausforderungen sollten Unternehmen gerade im Schienenverkehr vorhandene Fördermöglichkeiten gewissenhaft prüfen und optimal ausschöpfen. Ein finanzieller Zuschuss kann bei größeren Vorhaben zu spürbaren Kostenentlastungen und somit zu echten Wettbewerbsvorteilen führen. Gleichzeitig sind EVU mit einem (geförderten) modernen Fuhrpark oder effizienteren Prozessen besser in der Lage, die steigende Kundennachfrage nach „grünen“ Transportlösungen abzubilden und an Umsatzzuwächsen zu partizipieren.
Wir empfehlen hierzu einen systematischen Ansatz entlang vier zentraler Phasen:
- Identifikation & Auswahl
Die Suche nach geeigneten Förderprogrammen sollte immer den Abgleich vorhandener Projektideen mit entsprechenden Fördermöglichkeiten beinhalten. Ist ein vielversprechendes Projektvorhaben identifiziert, kann zur Abfrage vorhandener Förderprogramme z. B. das unter www.foerderdatenbank.de vorhandene Angebot des BMWK als Startpunkt genutzt werden. Es listet europäische, nationale und regionale Förderprogramme auf Basis von Schlagworten auf. Nicht selten bieten sich für ein Projekt gleich mehrere Fördermöglichkeiten. Dann sollten Förderwahrscheinlichkeit, zu erwartender Fördersatz und der Aufwand der Antragstellung für die Auswahl eines konkreten Programms herangezogen werden. Um Doppelförderung zu vermeiden, sollten beantragte und bewilligte Fördermittel an einer zentralen Stelle im Unternehmen festgehalten werden.
- Antragsvorbereitung
Die Antragsvorbereitung beginnt typischerweise mit der Kennzeichnung eines kritischen Pfads bis zur Antragsabgabe, um potenziellen Ressourcenengpässen frühzeitig begegnen zu können. Schon in dieser Phase können Antragsunterlagen gesichtet, Templates befüllt und die Einholung benötigter Unterlagen angestoßen werden (z. B. Jahresabschlüsse, Bankauskünfte oder Bescheinigungen des Finanzamtes). Auch sollten Rückfragen zum Förderprogramm an den Fördermittelgeber frühzeitig gestellt werden, um ggf. Missverständnisse und damit unnötige Arbeiten zu vermeiden.
- Antragstellung
Bei der eigentlichen Antragstellung sind erforderliche Nachweise (bspw. die Ermittlung von CO2-Einsparungen durch den Einsatz alternativer Antriebe) teilweise durch Wirtschaftsprüfer zu testieren. Deren frühzeitige Beauftragung sowie eine intensive Projektvorbereitung und -begleitung zahlen sich erfahrungsgemäß aus. Bereits vor einer Übergabe an die Wirtschaftsprüfer sollten Daten zuverlässig mindestens stichprobenartig überprüft werden, um unangenehme Überraschungen im Zuge der eigentlichen Prüfung zu vermeiden. Auch wenn die eigentliche Antragsabgabe digital erfolgt, sind gewisse Unterlagen immer noch physisch zu übermitteln – hierbei sind Postlaufzeiten und der Zeitaufwand für großvolumige Druckaufträge zu beachten. Insgesamt beobachten wir häufig eine deutliche Unterschätzung des Zeitbedarfs für einen Förderantrag.
- Projektdurchführung
Mit der Antragsabgabe ist es je nach Förderprogramm noch nicht getan. In den meisten Fällen sind in regelmäßigen Abständen Zwischenberichte in Form von Verwendungsnachweisen (Sachberichte, zahlenmäßige Nachweise, Beleglisten etc.) und ein Abschlussbericht einzureichen, um den Anspruch auf Fördermittel aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig ist bei der Beauftragung von externen Dienstleistern auf die Einhaltung des Vergaberechts nach ANBest-P zu achten. Viele Förderanträge scheitern nach unserer Erfahrung an einer unsauberen Vergabe und entsprechender Dokumentationslücken. Ist die Einhaltung von Kennzahlen (laufend) nachzuweisen, sollte ein entsprechendes Monitoring auch zu Steuerungszwecken rechtzeitig aufgebaut und entsprechend im Unternehmen verankert werden.
Win-Win-Win Situation für Unternehmen, Staat und Umwelt
Durch eine systematische Beschäftigung mit dem Thema Fördermittelmanagement lassen sich Förderchancen frühzeitig identifizieren, die Wahrscheinlichkeit einer Zusage erhöhen und vorhandene Fördertöpfe konsequenter ausschöpfen. Die damit verbundenen Kosteneinsparungen machen sich für Unternehmen dauerhaft bezahlt und führen zu echten Wettbewerbsvorteilen.
Auch für den Staat können sinnvoll aufgesetzte Förderprogramme eine lohnende Investition sein – durch ihre Anreizwirkung lassen sich mittelbare Effekte sogar jenseits unmittelbarer Subventionen erzielen. Bei der Konzeption von Förderprogrammen sollte allerdings aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und somit die Basis für eine anreizkompatible und dauerhaft verlässliche Förderkulisse geschaffen werden.
Zuletzt profitiert auch die Umwelt von wirkungsvollen Förderprogrammen, denn ganz ohne finanzielle Unterstützung wird die Schiene weder im Personen- noch im Güterverkehr die angestrebten Ziele der Bundesregierung erreichen (Verdopplung der Reisendenanzahl bzw. 25 Prozent Anteil bis 2030). So lässt sich die Verkehrswende durch geeignete Förderprogramme in Kombination mit einem systematischen Fördermittelmanagement gezielt beschleunigen.
Dr. Martin Bernhardt, Daniel Blum
Der komplette Artikel wird in rail & mobility 1/2022 veröffentlicht.
Dr. Martin Bernhardt und Daniel Blum sind als Partner und Senior Manager bei der Beratungsfirma Berg Lund & Company (BLC, www.berg-lund.de) tätig. Sie begleiten zahlreiche Unternehmen in der Schienenverkehrsbranche im Umfeld von Förderprogrammen, Energieeffizienzmaßnahmen und der quantitativen Unternehmenssteuerung (z. B. KPI-Entwicklung, Monitoringsysteme). |