„Neujahrsfehler“ bei Spaniens neuen AVRIL-Zügen: Verkehrsminister wird ausgewechselt

„Neujahrsfehler“ bei Spaniens neuen AVRIL-Zügen: Verkehrsminister wird ausgewechselt

„Neujahrsfehler“ bei Spaniens neuen AVRIL-Zügen: Verkehrsminister wird ausgewechselt

Álvaro Fernández Heredia (Renfe). Photo: Ministerio de Transportes
Das neue Jahr 2025 begann bei Spaniens Eisenbahn-Unternehmen Renfe mit einer peinlichen Panne. Am Neujahrsmorgen um 07:00 Uhr blieben alle 30 Züge der neuesten Talgo-Serie AVRIL stehen. Sie waren erst seit Mai 2024 schrittweise in den Fahrplandienst gekommen, hatten aber seither bereits 479 Störfälle verursacht. Jetzt trat der Präsident der Staatsbahn Raül Blanco „aus persönlichen Gründen“ zurück. Am 15. Januar 2025 verkündete das staatliche Amtsblatt die Ernennung von Álvaro Fernández Heredia zum neuen Präsidenten von Renfe.

Fernández Heredia war zuvor Generalsekretär für nachhaltige Mobilität gewesen. Er ist Bauingenieur und hat einen Doktortitel in Verkehrsinfrastruktur von der Polytechnischen Universität Madrid (UPM). Heredia verfügt über 20 Jahre Berufserfahrung im Mobilitäts- und Transportsektor, unter anderem als Geschäftsführer der städtischen Verkehrsgesellschaft von Madrid und Direktor der städtischen Busse von Valladolid (AUVASA).

Bei der Neujahrspanne der AVRIL-Züge – Serie 106 – fielen 28 Zugverbindungen aus. Zwar war Renfe sofort bemüht, den betroffenen 24.100 Reisenden Schienenersatzverkehr und Züge auf alternativen Strecken zu besorgen. Doch erhebliche Verspätungen und Störungen im gesamten Bahnverkehr des Landes waren unvermeidlich. Erst im Laufe des Folgetages war der Defekt bei allen Zügen behoben. Der Zughersteller Talgo erklärte dazu, die Lieferfirma Ingeteam habe in ihren Batterieladegeräten ein „Kommunikationsproblem“ mit dem Zugbetriebssystem festgestellt, das „auf den Jahreswechsel zurückzuführen“ sei. Ein „Millenium-Bug“ im Kleinformat?

Ein AVRIL-Zug von Talgo auf Fahrt. Foto: Talgo

Allein dieser eine Fehler kostete Renfe nach eigenen Angaben eine Million Euro. Für die bisherigen anderen Pannen und eine etwa zweijährige Liefer-Verspätung fordert Renfe von Talgo 116 Millionen Euro.  „Der Talgo Avril ist der fortschrittlichste Hochgeschwindigkeits-Zug von Talgo und wird zu einem Qualitätsmaßstab im Segment der Hochgeschwindigkeitszüge werden.“ So kräftig lobt der Hersteller seinen Zug in eigenen Veröffentlichungen. Die bisherige Pannen-Serie steht dazu in bemerkenswertem Kontrast.

Der Hochgeschwindigkeitszug  Talgo Avril erreicht Geschwindigkeiten bis zu 380 Kilometer pro Stunde. Er kann auf Gleisen der Normalspur und der iberischen Breitspur fahren. Der Zug besteht aus 12 Personenwagen, ist 200 Meter lang und bietet einen Ein- und Ausstieg auf gleicher Höhe mit dem Bahnsteig. Die Talgo-Züge für Spanien bieten Platz für insgesamt 521 Fahrgäste. Dieses Ergebnis wird erreicht durch eingeschränkte Sitzverhältnisse für die Reisenden. In der zweiten Klasse gibt es eine 3+2-Bestuhlung und in der ersten Klasse eine 2+2-Bestuhlung je Sitzreihe. Das dürfte nicht allen Reisenden gut gefallen.

Alle Sitzplätze lassen sich in die jeweilige Fahrtrichtung drehen. Außerdem gibt es LED-Monitore im Vordersitz mit Verbindung zum Entertainmentsystem des Zuges. Mindestens zehn der neuen Talgo Avril-Züge sollen zudem auf der Strecke von Madrid über Barcelona nach Frankreich verkehren. Allerdings gibt es noch Probleme bei der Typenzulassung in Frankreich. Die Innenausstattung eines Tango-Avril-Zuges stellt ein sehenswertes 360-Grad-Panorama von Willy Kaemena dar (anklicken).

Der Ex-Präsident von Renfe Raül Blanco. Foto: C Patier/RENFE

Der bisherige Renfe-Präsident Raül Blanco hatte vor 23 Monaten das Amt angetreten. Damals mussten wegen eines Problems mit falsch konstruierten Zügen der damalige Präsident von Renfe Isaías Táboas und die damalige Staatssekretärin für Verkehr Isabel Pardo de Vera zurücktreten. Blancos Amtszeit war nicht nur von technischen Schwierigkeiten im Betrieb geprägt, sondern auch von anderen wesentlichen Herausforderungen. Dazu zählten der Kampf um den Hochgeschwindigkeitsmarkt mit den Mitbewerbern Ouigo und Iryo und die Internationalisierung der Renfe in Richtung Frankreich, Italien und Mitteleuropa. Im Hochgeschwindigkeitssektor eröffnet die Infrastruktur-Gesellschaft Adif eine zweite Phase der Liberalisierung des Personenverkehrs auf drei neuen Korridoren (Madrid-Galicien, Madrid-Asturien/Kantabrien und Madrid-Cádiz/Huelva). Dadurch werden täglich maximal 72 neue Verbindungen auch der Konkurrenz der Renfe offen stehen.

Positiv wird Blancos Arbeit vor allem wegen der Stabilisierung der Finanzergebnisse gesehen. Unter seiner Ägide konnte Renfe Viajeros, die Abteilung Personenverkehr der Staatsbahn, seine Verluste zum Ende 2024 um 35 % reduzieren. Das Defizit beträgt jetzt noch 43,4 Millionen Euro – für die Deutsche Bahn, aber auch die französische SNCF wären das fantastische Zahlen! Vor etwa einem Jahr legte Renfe auch einen strategischen Plan mit einem Horizont bis 2028 vor. Darin wird festgelegt, dass durch eine Erneuerung der Züge nicht nur der Fernverkehr, sondern auch der Stadtbahnverkehr und der sogenannte Mittelstreckenverkehr unterstützt werden sollen. Als „wesentliches“ Ziel für das Unternehmen bezeichnete Blanco am 23. Dezember 2024 in Barcelona auch die Verbindung mit Paris.

Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur

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