Grüne Woche 2025: Blumen, Speisen, „grüne“ Treibstoffe, Transporte und Prozesse

Grüne Woche 2025: Blumen, Speisen, „grüne“ Treibstoffe, Transporte und Prozesse

Grüne Woche 2025: Blumen, Speisen, „grüne“ Treibstoffe, Transporte und Prozesse

Eine Idylle für Freunde des Bahntransportes und des Bieres war 1990 das Werksgelände der Brauerei Plzeň (Pilsen). Photo: Hermann Schmidtendorf
Anfang 1990 besuchte der Berichterstatter das Werksgelände der tschechischen Brauerei in Plzeň (Pilsen). Der Anblick war erfreulich – es gab massenhaft Bierfässer und Güterwagen für den Transport. Auch auf der Grünen Woche vom 16.-25. Januar 2025 in Berlin ging es nicht nur um Blumen und Speisen, sondern auch um umweltschonende Transportformen, Treibstoffe und landwirtschaftliche Prozesse.

Für Dr. Mario Tobias, den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Berliner Messegesellschaft, war die diesjährige Grüne Woche ein voller Erfolg. Es gab 1.500 Aussteller aus Deutschland und der Welt: „Mit 310.000 Besucherinnen und Besuchern war die Resonanz überwältigend.“ Das sind zwar geringere Zahlen als vor der Pandemie. 2018 waren noch 401.098 Gäste gezählt worden sowie 1715 Ausstellerinnen und Aussteller. Doch im Vergleich zu 2024 ergaben diese diesjährigen Zahlen einen Besucheranstieg von 13 Prozent, waren also ein verständlicher Grund zur Zufriedenheit.

Ein Meer von Tulpen repräsentierte die Niederlande auf der Grünen Woche. Photo: Hermann Schmidtendorf

Die Grüne Woche dient auch als Testmarkt für innovative Produkte und Lösungen. 800 Essensstände lockten, die Pro-Kopf-Ausgaben der Besuchenden stiegen auf über 160 Euro. Es gab Unbekanntes, Exotisches und Altbewährtes. Immer aber waren die angebotenen Speisen und Getränke lecker. Dazu kamen abwechslungsreiche Musikprogramme und das große Reitturnier Hippologica mit Hindernisfahren für Zweispänner, Dressur- und Springprüfungen – ein Fest auch für die gesamte Familie. Attraktionen waren auch die Ausstellungsbereiche „Garten“, „Freizeit & Tourismus“ sowie „Haus- und Küchenbedarf“ und die Sonderschauen in der Blumenhalle.

Keine Grüne Woche ohne Nachhaltigkeit

Politisch wurde es auf dem 17. Global Forum for Food and Agriculture (GFFA), das parallel zur Grünen Woche in Berlin stattfand. „Eine nachhaltige, zirkuläre Bioökonomie kann eine Schlüsselrolle bei der Weiterentwicklung hin zu einer nachhaltigen und resilienten Rohstoffbasis einnehmen“, hieß es im Hintergrundbericht zur Vorbereitung. Unter dem Motto „Bioökonomie nachhaltig gestalten“ diskutierten rund 2.000 Expert*innen auf der internationalen Konferenz über zentrale Zukunftsfragen der weltweiten Land- und Ernährungswirtschaft.

Spannende Beispiele für nachhaltige Speiseproduktion gab es unter anderem bei den Startup-Days auf der Messe. Prämiert wurde das Unternehmen ValueGrain aus Hamburg für eine innovative Idee zur Weiterverwertung ungenutzter Rohstoffe aus dem Brauereiprozess. Bei dieser Technologie wird der Biertreber zu einem flüssigen Mehl verarbeitet. Dieser Stoff kann herkömmliche Mehle in Lebensmitteln ersetzen und ist vielseitig einsetzbar, beispielsweise in Brot, Nudeln oder Fleischalternativen.

Pilsner Urquell und Budvar: der Tradition verbunden

1842 begann in der tschechischen Stadt Plzeň – Pilsen – die Produktion eines Bieres, das bald als „Bier Pilsner Brauart“ auch in anderen Ländern Anklang fand. Das „Pilsner Urquell“ (tschechisch Plzeňský Prazdroj) war Vorbild für andere spätere Lagerbiere. Für die Herstellung wird Saazer Hopfen aus den traditionellen Anbaugebieten in Nordböhmen verwendet. Seit 2023 gehören Stadt und Region Žatec (auf Deutsch Saaz) zum UNESCO-Weltkulturerbe.  Seit 2017 gehört die Marke Plzeňský Prazdroj zum japanischen Brauereikonzern Asahi Beer. Doch der Konzern greift nicht in die Produktionsweise ein, um den guten Markenkern nicht zu beschädigen.

In eleganten Trachten bot das Personal der Familien-Fleischerei Kwiecińscy aus dem polnischen Żnin ihre Köstlichkeiten an.

Das gefiel dem Vertreter des tschechischen Landwirtschaftsministeriums, mit dem der Berichterstatter auf der Grünen Woche sprach. Eine Reihe von tschechischen Brauereien bieten ihre Getränke traditionell auf der Messe in einem „tschechischen Biergasthaus“ an, verbunden mit dem Angebot traditioneller tschechischer Speisen. Dort trafen wir auch den Vertreter des Ministeriums. Nicht bewerten wollte er irreführende Marketing-Methoden mancher Mitbewerber. Doch er versicherte: „Wo Pilsner Urquell draufsteht, ist auch Pilsner Urquell drin. Das gilt auch für Budvar und andere tschechische Biere.“

Hintergrund für unsere Frage war der Siegeszug der Lagerbier-Marke „Madrí Excepcional“ seit 2020 in britischen Pubs. Das Bier wird als “die Seele von Madrid” vermarktet, wird aber in der englischen Grafschaft Yorkshire von dem kanadisch-amerikanischen multinationalen Unternehmen Molson Coors gebraut. Nach Angaben des Produzenten erzielte die pseudo-spanische Marke im zweiten Quartal 2024 den dritthöchsten Umsatz unter allen in britischen Lokalen verkauften Lagerbieren. Auch der niederländische Großkonzern Heinecken braut in Manchester für den britischen Markt ein nur angeblich ausländisches Bier, das italienische „Birra Moretti“.

Auch die dänische Carlsberg-Brauerei bedient das Fernweh britischer Bier-Enthusiasten mit einer Finte. In Northampton braut das Unternehmen für britische Kunden das „spanische“ Bier der Marke San Miguel. Der Vertreter des tschechischen Landwirtschaftsministeriums: „Eine gute Biermarke besteht ja nicht nur aus dem Namen und Rezepturen. Entscheidend ist auch das originale Quellwasser. Deshalb sind unsere tschechischen Bier-Produzenten Traditionalisten. Es gab nur einmal vor einigen Jahren ein Pilsner Urquell, das für den dortigen Markt in Russland gebraut wurde. Doch die Qualität passte nicht zum Original. Deshalb wurde die Herstellung der Kopie eingestellt.“

Bierkonsum als sozialer Kit der Nation

Tschechische Biere auf der Grünen Woche. Photo: Hermann Schmidtendorf

Die Tschechische Republik hat eine Besonderheit: Die viertgrößte Marke des Landes Budějovický Budvar (Budweiser Budvar) ist komplett im Besitz des Staates. Traditionell liegt die Tschechische Republik weltweit vorne beim Pro-Kopf-Konsum von Bier. Auch der Export läuft gut. Deshalb interessiert sich das tschechische Ministerium auch besonders für das Wohlergehen dieser Branche. Und Bier ist traditionell sozialer Kit der Nation. Etwa die Hälfte des in Tschechien konsumierten Biers wurde in Fässern in Gaststätten konsumiert. Doch seit der Pandemie geht der Bierkonsum nur noch zu 30 Prozent über Fässer.  Ein Lichtblick: Noch nie haben Tschechiens Brauereien so viel Bier im Ausland abgesetzt. Das fängt den schwächelnden Bierdurst im eigenen Land ab.

614 Brauereien gibt es in Tschechien, von ihnen sind die meisten lokale Mikrobrauereien. Eine Landkarte des Landwirtschaftsministeriums zeigt ihren Standort. Photo: Hermann Schmidtendorf

Im Jahr 2022 lag der Pro-Kopf-Konsum von Bier in Tschechien bei 136 Litern. Im Konsum-Ranking wurde das Land gefolgt von Österreich mit 102 Litern und Deutschland mit 92 Litern. Das klingt nach hohen Zahlen, ist aber dennoch ein Rückgang. Im Vergleich zum letzten Jahr vor der Pandemie, 2019, konsumierten die Tschechinnen und Tschechen 1,35 Millionen Hektoliter weniger heimisches Bier. „Das vierte Jahr in Folge liegen die jährlichen Bierabsatzahlen für den heimischen Markt unter dem Niveau von 2010“, berichtete Tomáš Slunečko, Direktor des Tschechischen Verbands der Brauereien und MälzereienČeský svaz pivovarů a sladoven. „Die ungünstige Wirtschaftslage wirkt sich negativ auf die Gaststätten aus, insbesondere in kleineren Städten und Dörfern. Gleichzeitig beobachten wir die sich ändernden Gewohnheiten der Verbraucher, die sich zunehmend für alkoholfreies Bier oder Biermischgetränke interessieren.”

Traktoren bekommen ökologischen Treibstoff

Ökologische Lebensmittel-Verpackungen und Transporte sind das eine. Doch auch die direkte Produktion in der Land- und Forstwirtschaft muss umweltschonend stattfinden. Deshalb war ein Besuch des Messestands der Plattform „Erneuerbare Antriebsenergie für die Land- und Forstwirtschaft“ interessant. Am Stand der Plattform wurden vier innovative Traktor-Modelle der renommierten Hersteller John Deere, Fendt, CLAAS und New Holland ausgestellt. Das Besondere an diesen Fahrzeugen: Sie nutzen unterschiedliche erneuerbare Antriebsenergien als Ersatz für den fossilen Dieselkraftstoff.

Dazu gehört der Traktor T7 mit 270 PS von New Holland, der 2026 in Serienproduktion gehen soll. Er soll mit Biomethan angetrieben werden. Preislich amortisiert sich der höhere Anschaffungspreis von 20 Prozent gegenüber einem Diesel-Traktor in einem überschaubaren Zeitraum. Allerdings sind technische Modifizierungen nötig, weil Biomethan das 4,5-fache Tankvolumen wie Diesel-Kraftstoff benötigt. Daher hängt ein Zusatztank an der Front. Zusammen mit den integrierten Tanks wird nahezu die gleiche Reichweite wie beim Dieselschlepper erreicht, eine Fahrzeit von zwei Stunden. Vor allem komprimiertes Methan, CNC, wäre im  Einsatz praktikabel. Bei der Verwendung von Biomethan aus Biogasanlagen wären nahezu null CO2 Emissionen möglich.

Der Pflanzenöl-Traktor von John Deere. Photo: Berliner Messe

Der Hersteller John Deere stellte auf der Grünen Woche sein Modell 6R215 vor. Dieser Traktor mit einer Leistung von 215 PS hat einen herkömmlichen Dieselmotor, kann aber mit Pflanzenöl fahren, im Wesentlichen mit Rapsöl. Derzeit testet der Hersteller den Praxisbetrieb mit zehn dieser Traktoren. Angesichts der derzeit teureren Kosten für alternative Treibstoffe hat Constanze Gohlke, Geschäftsführerin der Plattform Erneuerbare Antriebstechnologie für die Land und Forstwirtschaft,  einen Wunsch: „Wir brauchen eine mindestens preisliche Gleichstellung zu fossilen Antriebsenergien.“

„Zero Waste“

Nachhaltigkeit bedeutet auch Sparsamkeit. Es gab weitere Beispiele für so genannte Zero-Waste-Ideen, zu Deutsch: kein Abfall, nichts verschwenden. Vermeintliche Lebensmittelreste können wertvoll sein – zum Beispiel für die Herstellung von Pesto aus fermentierten Teeresten oder Würzsaucen aus Brotresten. Ob bei zukünftigen Messen auch alternative Proteinquellen wie Insekten, pflanzliche Produkte und Algen zum Publikumsrenner werden? Das wird die Zukunft zeigen.

Die 90. Grüne Woche findet vom 16. bis 25. Januar 2026 statt. Sie feiert dann ihr 100-jähriges Jubiläum.

Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur

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